Der hl. Alexander (10. Juli)

Zu Zeiten des Kaisers Marc Aurel lebte zu Rom eine vornehme Witwe namens Felizitas. Sie erzog ihre Söhne in der Furcht des Herrn. Nach dem Tod ihres Mannes gelobte sie Witwenschaft. Da sie viel Gutes tat und ein vorbildliches Christenleben führte, erregte sie den Neid der heidnischen Priesterschaft. Sie wurde beim Kaiser verklagt: Felizitas mit ihren sieben Söhnen müsse den erzürnten Göttern ein Opfer darbringen, um ein weiteres Unheil abzuwenden. Daraufhin ließ der Kaiser die ganze Familie verhaften und vor Gericht stellen.
Der Stadtpräfekt Publius versuchte zunächst mit Verlockungen, dann mit Strafandrohung die Christusjünger zum Abfall zu bewegen. Aber umsonst. Felizitas rief ihm zu: Glaube nur nicht, dass du mich mit deinen Drohungen schrecken kannst. Der Geist Gottes kämpft mit mir und macht mich stark, den Teufel zu überwinden. Er wird mich siegreich aus den Prüfungen hervorgehen lassen. Meine Kinder aber werden ewig leben, wenn sie dem Herrn Jesus Christus treu bleiben. Daraufhin ließ der Stadtpräfekt Felizitas züchtigen und in den Kerker werfen.

Am folgenden Tag brachte man die ganze Familie vor den Richterstuhl des Stadtpräfekten Publius, um sie von neuem zum Götzenopfer aufzufordern. Diese dramatische Szene hat Franz Anton Zeiller 1758 im Fresko über den Alexanderaltar unserer Basilika mit viel barocker Theatralik gemalt. Das Bild zeigt den Moment, in dem Felizitas ihren Söhnen zuruft: Schaut auf zum Himmel, wo Christus mit seinen Heiligen euch erwartet! Angesteckt durch den Mut ihrer Mutter legten nun alle sieben Zeugnis für ihren Glauben an Christus ab. Alexander sagte: Ich bin ein Diener Christi. Ihn bete ich als den einzigen Gott an. Vitalis: Weil ich ewig leben will, bete ich den wahren Gott an.

Deckenfresko im linken Seitenschiff (Ostseite)

Der Stadtpräfekt Publius übergab den schriftlichen Prozessakt dem Kaiser. Dieser verurteilte im Jahr 162 n. Chr. Felizitas mit ihren sieben Söhnen zum Tod. Er schickte die mutigen Kämpfer in verschiedene Stadtteile, um sie dort von Scharfrichtern hinschlachten zu lassen. Einer wurde mit Bleiruten zu Tode gepeitscht, ein anderer mit Knüppeln erschlagen, einer in den Abgrund beim Kapitol gestürzt, andere erdolcht. Alexander wurde enthauptet, was das Altarbild von Johann Jakob Zeiller von 1762/63 über dem Elderngnadenbild drastisch schildert, zuletzt auch seine Mutter.
So hat sie der Kaiser durch unterschiedliche Todesstrafen in dieser Welt umgebracht. Sie alle wurden Sieger und Martyrer Christi, die mit ihrer Mutter im Triumph zur ewigen Belohnung in den Himmel eilten. Aus Liebe zu Gott haben sie die Schmeicheleien und Drohungen der Menschen, ihre Strafen und Züchtigungen verachtet. Nun sind sie im Himmelreich, sind Freunde Christi, der mit dem Vater und dem Hl.Geist lebt und regiert in alle Ewigkeit.


Detail aus dem Deckenfresko: Die hl. Felizitas und ihre sieben Söhne vor dem Statthalter Publius
 



Der Alexandermantel

Nach der Gründung unseres Klosters, die die Ottobeurer Haustradition in das Jahr 764 verlegt, bewarben sich die adeligen Stifter um die Reliquien eines Heiligen für die neuerrichtete Klosterkirche. Man erhielt in Rom einige Gebeine des hl. Martyrers Alexander, also von einem der sieben Söhne der hl. Felizitas. Die Translation dieser heiligen Reliquien in die Heimat führte damals auch durch die Stadt Lucca in der nördlichen Toskana. Dort trat eine blutflüssige Frau in ihrer Not an den Sarg des Heiligen, berührte dessen heilige Gebeine und wurde auf der Stelle geheilt. In großer Freude und Dankbarkeit schenkte sie daraufhin dem heiligen Wundertäter ein kostbares Seidengewebe, fortan Pallium oder Alexandermantel genannt, das heute noch an jedem Festtag dieses heiligen Martyrers den Gläubigen in Ottobeuren nach jeder Messe aufgelegt wird. Seit der Konservierung dieses überaus wertvollen Gewebes 1957 in München, für das Abt Petrus Kimmicher 1666 eine hölzerne, schwarz gebeizte und schön gearbeitete Lade anfertigen ließ (noch erhalten!), wird freilich nicht mehr das Original für diesen ehrwürdigen Brauch verwendet, sondern ein moderner roter Stoff, in dem Fäden vom Original eingeschlossen sind.

Das Original aber, ein 94 x 249 cm messendes Seidengewebe mit farbigen Löwenköpfen auf rotem Grund, ist nicht nur das älteste erhaltene Stück aus der Gründungsgeschichte unseres Klosters, sondern auch eines der ältesten und größten byzantinischen Textilien, weshalb unser Alexandermantel 1998/99 ein außergewöhnlicher Glanzpunkt auch einer gutbesuchten Ausstellung war, die das Bayerische Nationalmuseum München unter dem Titel "Rom & Byzanz" veranstaltet hat.


Ausschnitt aus dem Alexandermantel (8. Jh.)
 



Der Alexanderschrein

Nicht mehr dagegen besitzt unser Kloster den im 12. Jahrhundert angefertigten Silberschrein mit den kostbaren Gebeinen des Heiligen selbst, den der Kustos Siboto unter der Regierung des seligen Abtes Rupert I. aus den Opfergaben der nach Ottobeuren strömenden Pilger hatte herstellen lassen. Dieser romanische Schrein, von dessen Aussehen wir heute keine Ahnung mehr haben, überlebte zwar den verheerenden Bauernkrieg von 1525, weil man ihn damals in einem doppelbödigen Grab in der Klosterkirche versteckt hatte, nicht aber die Raubgier der Schweden während des Dreißigjährigen Krieges. Diese entdeckten nämlich im August 1634 oberhalb der Orgel in der Klosterkirche das Versteck der Sakristane und plünderten anschließend, von einem wahren Schatzfieber angesteckt, das Kloster und die Kirche von oben bis unten aus. Kein Wunder also, wenn fortan in den Klosterchroniken kein Alexanderschrein mehr verzeichnet wird, d.h. wenn seitdem der damals gerettete Ursulaschrein von 1578/79 manchmal als Alexanderschrein tituliert wird, nicht zuletzt weil er einerseits auf einer Breitseite dieses Silberschreins neben dem Martyrium des zweiten Kirchenpatrons St. Theodor auch das Martyrium der hl. Felizitas und ihrer sieben Söhne zeigt, sondern andererseits in seinem Inneren immer noch eine gerettete Alexanderreliquie birgt.

Dieser Schrein mit seiner Reliquie unseres ersten Kirchenpatrons wird bis heute am Festtag des Heiligen (10. Juli bzw. Sonntag davor oder danach) im Chor der Basilika (im Jahr 2000 in der Vierung) aufgestellt und den Gläubigen zur Verehrung den ganzen Festtag über gezeigt.
 

Was den heiligen Alexander betrifft, so wäre außer diesen beiden Pretiosen noch einiges andere zu erwähnen, so z.B. der romanische Siebenbrüderkelch von ca. 1220, der, in seinem Fuß den Heiligen mitsamt seinen Brüdern in getriebenen Brustbildnissen präsentiert. Am Knauf sieht man die vier Evangelisten, an der Außenseite der Cuppa die zwölf Apostel.


 



Der Ottobeurer Alexandermantel
(Mundart)
 

D' Basilika, die weltbekannte,
isch g'weiht zwoi heiligverwandte'
d'r oi, des isch d'r heilig Alexander,
und Sankt Theodor, des isch d' ander.
Do weat jed's Joahr am Partroziniumsfescht
für d' Ottobeurer und für auswärtige' Gäscht
vom Alexander de' Mantel, d'r alte,
über d' Köpf vo' deane Gläubige' g'halte'.
De' Pfarrer für Leib und für d' Seal no' bitt',
und  d' Leut' neahmet dean b'sondere' Seage mit.
Zwei Pfarrer hand immer dean Mantel g'spannt,
so daß ung'fähr acht Leut d'runter Platz g'funde hand.
Bloß oimol do hau i des anders erleabt,
do hot d'r Pater Johannes dean Mantel alloinigs g'hebt
und do sind no bloß vier bis fünf Leut' drunter gange'
aber so viel' Leut' sind hint no a' g'schtande.
Und weil s'Amt scho sowieso lang' dauret hot,
und jede Hausfrau hoim zum koche' sot,
do hot ma' sich reacht eng z'emet g'schobe,
so dass d'r Pfarr' des Tuech über eahn au noch hot g'hobe.
Und wie der Mantel grad über eis schwebt,
vo hinde' a Weible de Kopf undanei hebt,
und wie mer gand, hear i, wiea se murmle duet,
"für de' Kopf hot's g'langt, s' ander isch ja no guet."

Monika Fritsche